Colour der Gespannfahrer Bayern Mein Jawa-Gespann


Dies ist der Bericht eines Jawa-Fahrers, der von Erlebnissen seinem Fahrzeug erzählen kann, aber auch von "netten" Erlebnissen mit Dekra und freundlichen Mitmenschen auf Motorradtreffen.
Edgar Ruppenthal fährt aber seine Jawa immer noch tapfer über die Straßen! Ein Foto wird vielleicht bald nachgeliefert.



Wie ich zum Gespannfahren kam

Da steht es nun, mein Jawa Gespann. Wie bin ich noch mal darauf gekommen? 15 Jahre fuhr ich die verschiedensten Solomotorräder, und die kleinen Gespanne haben mich schon immer fasziniert. Ich sah den Anwendungsbereich als Wintergespann oder um Lasten zu transportieren. Dann habe ich die Idee aber wieder verworfen. Nach meinem 2. Besuch des Alten Elefantentreffen am Nürburgring, reifte der Entschluß, dass so ein Gespann doch was tolles sei. Mittlerweile war auch schon unsere Tochter da und könnte im Beiwagen mitfahren, war meine Überlegung. Meine Frau kann dann auf ihrer Maschine auch wieder fahren und muß nicht aufs Kind aufpassen, wenn Papa Motorrad fährt. Also kaufte ich im Oktober 98 eine Jawa 640 mit Velorex-652-Beiwagen und 3 Monaten TÜV. Zuerst war ich, als ich mich an das Fahrverhalten einigermaßen gewöhnt hatte, über die Fahrleistungen doch sehr enttäuscht. Aber ich hatte ja einige Ersatzteile mitgekauft, und so wurde ein anderer Satz Kolben mit Ringen (alles schon gebraucht) eingebaut. Fortan war sie kräftiger und ich war einigermaßen zufrieden.

TÜV-Abnahme

Im November fuhr ich dann mit dem Gespann und meinem Bruder im Beiwagen zur Dekra nach Düsseldorf, um mir meine nächsten 2 Jahre Fahrspaß zu sichern. Die Straßen waren zwar schneefrei, aber hier und dort lag immer noch etwas am Straßenrand herum und Eisplatten sahen wir auch gelegentlich. Am TÜV angekommen sahen wir, dass der ganze Platz mit festgefahrenem Schnee belegt und teilweise vereist war. Mir kamen Bedenken und ich überlegte ob ich nicht lieber wieder fahren sollte. Aber dann dachte ich mir, wenn man mir hier mein Gespann abnimmt, dann werden die Herren auch Gespann fahren können. Also meldete ich mich an und ein junger Mann kam heraus um mein Gespann in Augenschein zu nehmen. Als er dann fahren wollte, fragte ich ihn ob er denn Gespannerfahrung hätte und er sagte mir, er habe schon einiges an Gespannen gefahren. Ich lies es mir aber nicht nehmen (ich hatte ja ein wenig Angst um mein "neues Motorrad"), ihn darauf hinzuweisen, dass die Hinterradbremse mit dem Seitenwagen gekoppelt ist und wenn man nur die Vorderadbremse betätigt, das Gespann nach links zieht. Er nahm das zur Kenntnis, hörte aber irgendwie nicht richtig zu, hatte ich das Gefühl. Jedenfalls fuhr er wo kein Schnee lag ein paar Meter, testete die Hinterradbremse und schien zufrieden zu sein. Dann fuhr er um die Halle herum, wir ihn nicht mehr sehen sondern nur noch hören konnten. Das Geräusch, das ich dann hörte, konnte ich erst nicht richtig einordnen. Ich sagte zu meinem Bruder, dass sich so ein geplatzter Motor anhören müßte. Er meinte aber, der Prüfer sei mit dem Gespann vor die Wand gefahren. Womit er auch Recht behalten sollte. Als wir uns gerade auf den Weg machen wollten, um nachzusehen, startete er schon wieder den Motor und kam um die Ecke gefahren. Was ich dann sah, lies mir mein Blut in den Adern gefrieren. Der Lenker war verbogen, und der Blinker hing herunter. Als er uns erreichte, war sein lapidarer Kommentar nur: Die zieht aber stark nach links. Da sah ich dann erst, dass auch der Kupplungshebel verbogen und der Spiegel defekt war.

Das Ende dieser Geschichte ist, dass es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden handelte. Die Dekra hat den Zeitwert abzüglich Restwert wie von meinem Gutachter bestätigt bezahlt und ich habe das Gespann mit gebrauchten und neuen Ersatzteilen wieder aufgebaut.

Fahrt zum Elefantentreffen nach Turmansbang

Als die Maschine endlich fertig war, hatten wir schon Ende Februar, und ich wollte mit meinem Bruder nach Turmannsbang zum Elefantentreffen. Die Treffen auf dem Nürburgring hatten wir immer nur im Grünen und mit Sonnenschein erlebt. Und wir wollten Schnee. Die Zeit reichte gerade noch, um eine Scheibe und Lenkerstulpen zu montieren. Wir führten noch eine Inspektion durch, um zu prüfen, ob denn wirklich alles in Ordnung sei. Das Wetterverdeck haben wir zu Hause gelassen, frei nach dem Motto : Wir sind doch keine Warmduscher. Doch das sollte uns später noch leid tun. Mit meinem Bruder, der keine Gespannerfahrung hatte (meine war ja auch nicht sonderlich groß), hatte ich am Vortag noch ein paar Runden gedreht. Wir wollten uns auf der Fahrt gerne abwechseln können. Das klappte so gut, dass ich mich mit ruhigem Gewissen in den Beiwagen setzen konnte. Also fuhren wir um 5:00 Uhr morgens in Wuppertal los, immer Richtung Süden. In Frankfurt war uns zur Belohnung schon bitterlich kalt, obwohl wir uns wirklich nach dem Zwiebelprinzip schon sehr dick angezogen hatten. Daraufhin haben wir dann die Pausenabstände kürzer gewählt. Aber es war immer noch Sch... kalt. Auf dem letzten Rastplatz wollte die Jawa dann nicht mehr, es war ihr kein Zündfunke mehr zu entlocken.
Da hatte ein MZ-fahrer dann die Idee, es mal mit Starthilfe aus seiner mitgebrachten Autobatterie zu versuchen. Ihr glaubt doch nicht, dass irgendeiner der herumstehenden Autofahrer ein Starthilfekabel für uns gehabt hätte, oder? Also baute ich mir eines aus den mitgebrachten Kabeln, die für den Notfall in der Werkzeugtasche waren, und zum Glück sprang sie wieder an. Wir fuhren dann erstmal zu einem Suzukihändler in der Nähe und kauften eine neue Batterie, die mich auch bis heute nicht mehr im Stich gelassen hat. So, und nun auf zum Elefantentreffen. Nach 16 Stunden Fahrt hatten wir es auch geschafft. Wir bauten unser Zelt auf und versuchten erstmal, eine Mütze voll Schlaf zu bekommen. Das war aber nicht drin. Ein paar Belgier mußten laufend irgendwelche Knaller ein paar Meter neben unserem Zelt loslassen. Worauf wir den Versuch, Schlaf zu finden, beendeten.
Als ich mein Motorrad endlich dank vieler Hände Hilfe aus dem Talkessel, wo das Treffen stattfand, wieder heraus bugsiert hatte, war ich heil froh. Dann konnte ich mir erstmal den Schaden ansehen, den ein Betrunkener hinterlassen hatte, der auf meinen Beiwagen geknallt war. Die Scheibe war gebrochen, hielt aber noch. Als wir wieder zum Zelt kamen, muß da jemand drüber gefallen sein und sich seines Mageninhaltes entledigt haben. Zur Belohnung ist er dann auch noch irgendwie hängengeblieben und hat ein Loch ins Zelt gerissen. Da hatte ich die Schnauze voll. Ich sagte meinem Bruder, dass ich hier nicht bleiben werde und uns im Dorf ein Zimmer suche. (Vom Treffen hatten wir bis da noch kaum was gesehen). Aber um 2:00 Uhr war das nicht mehr zu machen. Entweder sowieso ausgebucht, oder es machte erst gar keiner mehr auf, obwohl noch Licht brannte und Bewegungen zu erkennen waren. Dann haben wir uns entschlossen, nach Hause zu fahren. Sehr sehr müde und noch viel langsamer als auf der Hinfahrt.
Wir hatten uns überlegt, der eine schläft im Beiwagen und der andere fährt. Bei dem kleinsten Anzeichen von Übermüdung wird notfalls auch auf dem Standstreifen gewechselt. So sind wir noch ca. 150 Km weit gekommen. Dann hörte ich aus dem Beiwagen, dass der Motor sehr rauh läuft. Mein Bruder schaltete an einem Berg einen Gang herunter, wo ich eigentlich nicht gedacht hätte, dass das sein müßte. Dann auf einmal noch einen und noch einen. Als er die Maschine dann mit gezogener Kupplung auslaufen ließ, starb der Motor urplötzlich mit einem Ruck ab und ließ sich auch hinterher kein Stück mehr mit dem Kickstarter bewegen. Wir riefen über Handy den ADAC an, und der brachte dann uns und meine Jawa nach Hause.

Die Reparatur

Wir zerlegten dann in unserer Halle den Motor und stellten fest, dass die beide mittleren Lager der Kurbelwelle festsaßen. Eine Kurbelwelle im Austausch war mir zu teuer. Da uns aber die wichtigsten Geräte zur Verfügung standen, trennten wir sie kurzerhand selber und tauschten die Kurbelwellenlager aus. Die Pleuellager wurden bei dieser Gelegenheit gleich mitgetauscht. Danach setzten wir die Kurbelwelle wieder zusammen. Sehr viel Mühe und Zeit investierten wir dabei in das Richten der Welle, denn sie sollte ja hinterher wieder sauber und ohne zu große Vibritationen laufen. Bei dieser Reparatur wurden noch die gesamten übrigen Lager im Motorraum und im Getriebe ausgewechselt und gegen deutsche Lager ersetzt.

Der Tuningversuch

Bei der Reparatur kam mir dann der geniale Gedanke, dem Motor doch gleich ein wenig mehr Leben einzuhauchen. Dazu planten wir auf der Drehbank die Zylinderköpfe um 1 mm, weil dabei der Kolben noch nirgendwo anschlägt und der Verdichtungsraum an der Zylinderkopfdichtung sehr breit ist. Das sollte meiner Meinung nach die Kraft erhöhen, ohne zu großen Verschleiß hervorzurufen. Ich habe später eine Verdichtung von 11,5:1 ausgerechnet. Aber das sollte doch noch nicht alles gewesen sein. Ich entschied mich dazu, auf der Einlasseite der Kolben noch zwei Halbmonde einzuarbeiten. Dabei nahm ich die Hälfte von dem, was möglich gewesen wäre, um im unteren Drehzahlbereich nicht zuviel an Leistung zu verlieren. Das ergab dann ein Fenster von 5mm Tiefe auf der gesamten Breite des Einlaßfensters..

Die Testfahrt mit der Renn-Jawa

So, der Motor war wieder zusammen und eingebaut. Die erste Fahrt war unheimlich enttäuschend, viel weniger Leistung im unteren Drehzahlbereich. Ich konnte den Motor aber noch nicht auf höhere Drehzahl bringen, da ich erstmal die Kolben und Ringe einfahren mußte. In den nächsten Tagen stellte ich dann fest, dass die Zündkerzen immer verrußten, was zu Zündaussetzern führte. Ich konnte mir einfach nicht erklären, warum sie jetzt so fett lief. Aber erstmal den Motor einfahren. Während dieser Prozedur reinigte ich also etwa alle 100 km die Kerzen und fuhr wieder. Nachdem der Motor eingefahren war, und ich die Drehzahl steigerte, wurden die Zündkerzen mit dem Gemisch überhaupt nicht mehr fertig. Die Nenndrehzahl der Jawa liegt bei 5250 1/min, die Maximaldrehzahl bei 5750 1/min. Und ich erreichte gerade mal knappe 4000. Also nahm ich den Luftfiltereinsatz heraus. Jetzt ging sie 4000 Umdrehungen förmlich wie die Hölle ab. Die Spitzendrehzahl lag bei ca. 7700 1/min. Die von mir errechnete kritische Kolbengeschwindigkeit liegt für diesen Langhuber bei ca. 9000 1/min. Also eigentlich kein Problem. Da die Jawa aber ein tschecheslowakisches Produkt ist und ich nicht weiß, ob das Material das aushält, keine anderen Düsen zu bekommen waren, um mit Luftfilter zu fahren und mir die Leistung zwischen 3000 und 4000 Umdrehungen viel zu gering für den Gespanneinsatz ist, habe ich wieder Kolben ohne Fenster eingebaut. Die geplanten Köpfe machen sich jetzt fast gar nicht mehr in Mehrleistung bemerkbar.

Heutiger Stand

Tja, jetzt läuft sie also wieder, ist nicht gar so kräftig wie auf meiner Tour nach Turmansbang, aber es geht. Durch unterschiedliche Mischungsverhältnisse des Benzin-Öl-Gemisches habe ich herausgefunden, dass die Maximaldrehzahl mit zunehmendem Verhältnis (weniger Öl) steigt. Jawa gab ursprünglich in seinem Begleitheft ein Verhältnis von 1:40 an. Dann läuft sie aber nicht richtig. In einem Nachtrag habe ich 1:60 gefunden. Läuft besser, aber muß noch mehr drin sein, da die Leistung bei Vollgas gegenüber "Kurz vor Vollgas" abnimmt. Bei der Fa. Lodl habe ich erfahren, dass 1:80 optimal sein soll. Ich hatte aber auf sein Anraten hin kurz nach dem Kauf eine 92er Hauptdüse anstelle der 100er eingebaut und nehme an, dass diese für Gemischschmierung im Verhältnis 1:60 nun zu klein ist. Bei Getrenntschmierung kann das ja vielleicht gehen, da das Öl ja dann nicht mit durch die Düse gebracht werden muß. Da ich die 100er aber verlegt habe, muß ich mir erst wieder eine neue besorgen, um das ausprobieren zu können.
Und wie ich in einem älteren Görtz-Katalog las, soll, je mehr Öl im Benzin ist, die Leistung ganz erheblich steigen. Mit richtiger Bedüsung wäre das beste Verhältnis 1:10 bis 1:20, aber wer soll da das ganze Öl bezahlen????

Resümee

Die Jawa ist ein prima Gespann, wenn einem 24 PS reichen. Man kann wie bei einer MZ zum Beispiel die Reparaturen selber machen und, wenn man den richtigen Händler hat, weil man z.B. im Süden wohnt, auch recht schnell warten. Meiner Tochter (23 Monate alt) macht das Mitfahren jedenfalls riesig Spaß! Und wenn ich nicht im Lotto gewinne, werde ich sie noch eine ganze Zeit behalten. Irgendwann werden die Jawa und ich dann doch noch dicke Freunde werden und sie wird einen technischen Stand erreichen, den ich von meinen japanischen Motorrädern gewohnt bin. Draufsetzten, fahren und Inspektion machen. Das Problem, das ich jetzt eigentlich nur noch habe, ist, dass es in meiner direkten Nähe keinen Jawa Händler gibt. Die Fa. Lodl in Duisburg ist zwar in einer Stunde zu erreichen, kostet aber immer viel Zeit und auch Geld. Bei der Fa. Fischer in Süddeutschland kosten die Ersatzteile nur gut die Hälfte, da muß ich aber immer eine gewisse Verzögerung der Lieferung in Kauf nehmen, da er leider auch nicht so viel auf Lager hat. Im Endeffekt aber ist er mit Versandkosten doch weit billiger.